Michael Leipold - Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht

INTERNATIONALES FAMILIENRECHT - Scheidung, Unterhalt & Co


Für die internationale Zuständigkeit gilt die Verordnung der EU (Brüssel IIa-VO),die das Verfahren der Ehescheidung, der Trennung ohne Aufhebung der Ehe und die Ungültigkeit einer Ehe regelt.

Ehescheidung

Es gilt das Prinzip "Wer zuerst kommt", sodass das in einer Ehesache später angerufene Gericht sein Verfahren zunächst auszusetzen hat, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts geklärt ist.

Das auf die Ehescheidung anwendbare Recht ergibt sich nach folgender Rangfolge (Kegelsche Leiter): (1) gemeinsames Heimatrecht der Parteien, (2) letztes gemeinsames Heimatrecht, soweit eine der Parteien noch dessen Staatsangehörigkeit hat, (3) Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten, sofern einer der Ehegatten noch dort wohnt, und (4) Recht des Staates, zu dem sonstig eine enge Verbindung der Parteien besteht. Ab dem 21.06.2012 gilt die Verordnung Rom III, nach der die Partner die Möglichkeit haben, eine Rechtswahl für das auf die Ehescheidung anwendbare Recht zu treffen. Mit Rom III wird die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit zurückgedrängt (Verhinderung des forum shoppings).

Die Anerkennung von Scheidungsurteilen oder Ungültigkeitserklärungen eines EU-Mitgliedsstaates erfolgt grundsätzlich in jedem anderen Mitgliedsstaat ohne weitere Nachprüfung. Für die Anerkennung von Entscheidungen aus einem Nichtmitgliedsstaat gilt das allgemeine nationale Verfahrensrecht.

Versorgungsausgleich

Für eine in Deutschland anhängige Scheidung ist das örtlich zuständige Gericht für den Versorgungsausgleich auch international zuständig. Wenn die Scheidung bereits in Deutschland oder im Ausland ohne Durchführung des Versorgungsausgleiches erfolgt ist, kann der Versorgungsausgleich in einem isolierten Verfahren in Deutschland noch durchgeführt werden.

Das auf den Versorgungsausgleich anzuwendende Recht ergibt sich aus dem Statut der Ehescheidung.

Die meisten Rechtsordnungen kennen ein Rechtsinstitut wie den Versorgungsausgleich aber nicht. Auf Antrag kann in Deutschland gleichwohl der Versorgungsausgleich durchgeführt werden, wenn ein Ehegatte in der Ehezeit inländische Anwartschaften erworben hat oder wenn die allgemeinen Wirkungen der Ehe während eines Teils der Ehezeit einem Recht unterlagen, das einen Versorgungsausgleich kennt.

Güterrecht

Soweit ein deutsches Gericht nach der Brüssel IIa-VO für die Ehescheidung international zuständig ist, besteht im Verbund der Scheidung auch eine Zuständigkeit für die güterrechtliche Auseinandersetzung.

Das anzuwendende Güterrecht richtet sich nach dem bei der Eheschließung für die Wirkungen der Ehe maßgeblichen Recht. Die Ehegatten können eine auf das Güterrecht beschränkte Rechtswahl treffen; dazu müssen aber die Formvorschriften - in Deutschland die notarielle Beurkundung - gewahrt werden.

Ausländische Entscheidungen zum Güterrecht sind in Deutschland ohne förmliches Anerkennungsverfahren anzuerkennen, wenn kein gesetzliches Anerkennungshindernis besteht. Ist die ausländische Entscheidung in Deutschland anzuerkennen, ist deren Vollstreckung möglich.

Unterhalt

Die internationale Zuständigkeit richtet sich für sämtliche den Unterhalt betreffenden Sachen seit dem 18.06.2011 nach der neuen EuUntVO. Zuständig ist das Gericht, (1) bei dem der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, (2) bei dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder (4) das Gericht, in dem eine Entscheidung über die Abstammung (Personenstand) oder über die elterliche Sorge zu treffen ist. Diese Gerichtsstände sind alternativ und bieten dem Anspruchsteller ein Wahlrecht.

Das auf den Unterhalt anzuwendende Recht richtet sich nunmehr nach dem Haager Protokoll (HUP). Danach besteht für die Eheleute die Möglichkeit, eine Rechtswahl für das auf den Unterhalt anwendbare Recht zu treffen. Fehlt eine solche Vereinbarung, richtet sich das anwendbare Recht nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Berechtigten.

Titel zum Unterhalt aus EU-Mitgliedsstaaten (außer Dänemark) werden in Deutschland ohne besonders Verfahren anerkannt. Die Vollstreckung von Unterhaltstiteln erfolgt in allen EU-Mitgliedsstaaten (außer Dänemark und Großbritannien) erfolgt ohne Vollstreckbarerklärung. Die Durchsetzung eines Titels zum Unterhalt eines EU-Landes ist in Deutschland nunmehr in einem neuen Ausführungsgesetz zum Unterhaltsrecht geregelt.

Das Sorgerecht

Das anzuwendende nationale Sorgerecht richtet sich:

- im Verhältnis zum Iran nach dem Deutsch-Iranischen Niederlassungsabkommen von 1929,
- im Verhältnis zur Türkei nach dem Minderjährigenschutzabkommen (MSA) vom 05.10.1961,
- im Verhältnis zu dessen Vertragsstaaten auf das Haager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ) vom 19.10.1946 und
- im Verhältnis zu sonstigen Ländern nach Art.21 EGBGB.

Das anzuwendende Sorgerecht richtet sich in der Regel nach dem Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes. Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen zum Sorgerecht richtet sich (in dieser Reihenfolge) nach der Brüssel IIa-VO, dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen (ESÜ) vom 20.05.1980, dem MSA und den §§ 108 ff. FamFG.

Die deutschen Gerichte entscheiden im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit über Konflikte bzgl. des Sorgerechts mit Bezug zum Ausland (meist sind das Fälle von Auswanderungsabsicht bei einem Elternteil) nach dem Gesichtspunkt des Kindeswohls.

Das Umgangsrecht

Ist ein Elternteil mit dem gemeinsamen Kind ins Ausland gezogen und wird der Umgang des verbliebenen Elternteils verhindert oder erschwert, ist die deutsche Zentrale Behörde (Bundesamt für Justitz, Adenauerallee 99-193, 5311 Bonn, www.bundesjustizamt.de) einzuschalten, die sich an die ausländische Zentrale Behörde wendet. Von den ausländischen Gerichten wird dann ein Umgangsrecht geregelt oder ein durch ein deutsches Familiengericht schon geregeltes Umgangsrecht durchgesetzt.

Möchte ein im Ausland lebender Elternteil Umgang mit seinem in Deutschland lebenden Kind, kann er über die Zentrale Behörde in Deutschland eine Regelung des Umgangsrechts durch das zuständige deutsche Familiengericht veranlassen.

Eine ausländische Entscheidung zum Umgangsrecht kann in Deutschland nach den internationalen Vereinbarungen oder - nachrangig - nach deutschem Recht anerkannt und vollstreckt werden.

Internationale Kindesentführung

Beabsichtigt ein Elternteil, mit dem Kind ins Ausland zu gehen, sollte der andere Elternteil sich umgehend im Wege der Beantragung einer einstweiligen Anordnung (Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, Erlass einer sog. Schengen-Staaten-Grenzsperre) an das Familiengericht wenden.

Wird ein Kind aus Deutschland in einen anderen Vertragsstaat des Haager Kindesentführungs-Übereinkommens vom 25.10.1980 (HKÜ) entführt, sollte der zurückbleibende Elternteils umgehend einen Antrag auf Rückführung des Kindes stellen. Dieser Antrag umgehend nach Feststellung der Entführung oder Zurückhaltung beim zuständigen Gericht im Zufluchtstaat gestellt werden. Man kann sich dazu an die deutsche Zentrale Behörde (Bundesamt für Justiz) wenden.

Eingetragene Lebenspartnerschaft

Die internationale Zuständigkeit für die Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft liegt vor, wenn ein Partner Deutscher ist oder bei Begrundung der eingetragenen Lebenspartnerschaft Deutscher war, wenn wenigstens ein Partner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat oder wenn die eingetragene Lebenspartnerschaft in Deutschland registriert wurde.

Eine ausländische gleichgeschlechtliche Ehe wird in Deutschland von der bisherigen Rechtsprechung als eingetragene Lebenspartnerschaft behandelt.

Das Recht für die Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft richtet sich nach dem Recht des registerführenden Staates. Wurde die eingetragene Lebenspartnerschaft in mehreren Ländern registriert, ist das Recht es Staates der letzten Eintragung maßgebend. Das Gleiche gilt für das Güterrecht der eingetragenen Lebenspartnerschaft.